Edith Stein – Vereinigung von Wissenschaft und Glaube
Leben, Wirken und Werke der Mystikerin
Die als Jüdin geborene Ordensfrau Edith Stein hinterlässt durch ihr wissenschaftliches Wirken und ihre gläubige Hingabe eine Vielzahl an philosophischen Abhandlungen, Aufsätzen und auch persönlichen Erinnerungen. In der schwierigen Zeit des Nationalsozialismus wagte sie den Versuch, ihre jüdische Vergangenheit mit dem neu aufgeflammten, aber dennoch unbeirrten christlichen Glauben zu vereinen.
Als Zeichen tiefer Solidarität und Menschlichkeit zählt Edith Stein zu den bemerkenswerten Frauenpersönlichkeiten der Kirche des 20. Jahrhunderts und wurde 1998 von Papst Johannes Paul II als Märtyrerin heiliggesprochen.
Die Zweiflerin wird zur Gläubigen
Der mühevolle Weg von der ungläubigen Wissenschaftlerin zur Mystikerin ist gepflastert mit einer beachtlichen Sammlung von Werken, in denen Steins Sinneswandel nachzuvollziehen ist. In Edith Steins Hauptwerk »Endliches und ewiges Sein« trifft ihre gesamte Lebenserfahrung auf wissenschaftliche Expertise.
Am 12. Oktober 1891 als elftes Kind einer wohlhabenden jüdischen Holzhändlerfamilie in Breslau geboren, durchläuft Edith Stein eine für Frauen damals ungewöhnliche, dafür aber umso beeindruckendere akademische Laufbahn. Doch wird ihr die angestrebte Habilitation verwehrt. Professorin der Philosophie – dieser akademische Rang war für Frauen in den 1920er Jahren völlig undenkbar.
Auch später wurde ihr aufgrund ihrer jüdischen Herkunft der dringende Wunsch nach einer universitären Laufbahn verwehrt. In diesem Lebensabschnitt entstand eine Vielzahl von philosophischen Schriften, die sich unter anderem dem Thema der Psychologie und einer Untersuchung über den Staat widmeten. Ein trockener, wissenschaftlicher Ton haftet diesen Arbeiten an.
Berufliche Rückschläge und unerwiderte Liebe hinterlassen Stein in einer Lebenskrise, doch findet sie in den Werken Teresa von Ávilas den Anreiz, mit Hilfe des Überweltlichen Gutes in der Welt zu bewirken. Die Entdeckung des christlichen Glaubens heilte Edith Stein und sie selbst bezeichnete ihren Weg zu Jesus als »Wiedergeburt aus Zerstörung«. Getauft und gefirmt, trat sie im Jahr der Machtergreifung Hitlers unter dem Ordensnamen »Teresia Benedicta a Cruce« in den Kölner Karmel Teresa von Ávilas ein. So sagt Edith Stein über ihren Weg zu Gott:
Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht.
Die Vereinigung von Wissenschaft und Glaube
Aufgrund der zunehmenden Judenverfolgung in Deutschland suchte die konvertierte Ordensfrau Zuflucht in einem niederländischen Karmel. Zwischen Hausarbeit und Gebeten folgte Edith Stein weiter dem Drang, zu Stift und Papier zu greifen. In dieser Zeit schrieb Stein ihr Hauptwerk »Endliches und ewiges Sein«, in dem Versuch, die christliche Gedankenwelt mit ihren umfangreichen Kenntnissen der philosophischen Wissenschaft zu erklären und zu vereinen.
Bis kurz vor ihrem Tod am 9. August 1942 im KZ Auschwitz galt ihr schriftstellerisches Schaffen der »Kreuzwissenschaft«, in der die Erfahrungen des Mystikers Johannes verarbeitet werden, die in eine Mentalität der Hingebung und des Leidens münden.
Edith Steins letzte Werke sind gekennzeichnet von der Vereinigung von Wissenschaft und Mystik und zeigen die schriftstellerischen Fähigkeiten dieser begabten Ordensfrau, die sich trotz vieler Hindernisse ganz in ihrem Tun und Sein dem Glauben gewidmet hat. So schreibt Edith Stein in ihrem Gedicht »Hoffen in der Dunkelheit«:
Wer bist du, Licht | das mich erfüllt | und meines Herzens Dunkelheit | erleuchtet? | Du leitest mich | gleich einer Mutter Hand | und ließest du mich los, | so wüsste keinen Schritt | ich mehr zu gehen
Quellen
- DLF-Beitrag »Jüdische Philosophin und Ordensfrau«
- Artikel auf katholisch.de »Jüdin, Christin, Heilige«
- Stimmen zu »Endliches und ewiges Sein«
- Biografie Edith Stein
- Zitate von Edith Stein
- Gedicht »Hoffen in der Dunkelheit